Tobias Sammelsurium der Woche #12/2024

»Zuerst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu« gehört zu den großen Fußballweisheiten die auch das restliche Leben erklären. Diese Woche musste das Adidas spüren, als sie von der noch pöseren und noch kapitalistischeren Konkurrenz von Nike ausgestochen wurden, so dass ab 2027 auf der Brust des deutschen Nationalteams der Swoosh von Nike statt den drei Streifen aus Herzogenaurach prangt.

Robert Habeck, der den Deutschen viel Vorstellungskraft bei der Energiewende abverlangt, war völlig perplex und ließ verlauten, er könne sich das deutsche Trikot ohne die drei Streifen kaum vorstellen. Adidas und Schwarz-Rot-Gold gehörten für ihn immer zusammen. »Echte Fründe ston zesamme« heißt es in Köln. Aber der Markt kennt keine Freunde. Der Markt regelt.

Diesen Markt finden wir Deutschen im Regelfall sehr gut, denn dort stehen wir global auf Platz drei, direkt hinter den USA und China. Aber die Vereinten Nationen, so gesehen der Marktveranstalter, untersuchen das Glück der Nationen jährlich und dabei stellte sich jetzt heraus, dass Deutschland noch nicht mal mehr in den Top 20 der Glücksnationen ist. Sapperlot!

Wir reißen uns den Hintern für die Welt auf und sind dann noch nicht einmal glücklich? Glück sei »nicht im Sinne von auf und ab springen« zu verstehen, so Jan-Emmanuel De Neve, einer der Studienautoren, sondern als »Freude im Moment« und »ein Gefühl der Zufriedenheit«.

Leider ist das Problem mit dem Glück schon in der Studie angelegt. Sein Pendant, das Unglück, entsteht nämlich aus dem, was die Forscher tun: dem Vergleichen. Wenn ich glücklich bin, mein Nachbar aber scheinbar viel glücklicher ist, dann werde ich unglücklich. Verrückter Weise muss es mir selbst dafür überhaupt nicht schlecht(er) gehen. 

Das Glück ist also eine ebenso schöne wie relative Sache. Ein Volk, das mit der Stiftung Warentest das Zentralorgan des Vergleichens geschaffen hat, ist äußert aufgeklärt, aber eben auch notorisch im Zweifel und damit im Unglück gefangen.

So ist das auch mit dem DFB. 70 Jahre war der total glücklich mit Adidas und bekam dafür auch noch kolportierte 50 Millionen im Jahr. Dann kam Nike und bot mindestens das gleiche Glück, aber für 100 Millionen im Jahr.

Was lernen wir daraus? 1. Geld kann jede*r brauchen. 2. Wer weniger vergleicht, ist länger glücklich. Und: Die Priorisierung von 1 und 2 obliegt uns selbst. Dabei aber bitte den habekschen Standortpatriotimus nicht vergessen. Glück auf!

Dir ein unvergleichliches Wochenende
T.

Post der Woche

‌‌‌‌‌Fünf fürs Wochenende

Du kommst hier nicht rein

Das Berghain ist wahrscheinlich noch immer der sagenumwobenste Club Berlins. Bekannt wurde er für seine besonders harte Tür. Die Demütigung der Abweisung ist hier besonders hart. Gut, dass man das mittlerweile auch online testen kann. Funktioniert nur am Desktop-PC mit Chrome als Browser. Aber dann ist es wie in echt. Per Kamera, Mikrofon und KI wirst du gecheckt. Die Antwort ist wahrscheinlich dieselbe wie im echten Leben auch:
» Heute leider nicht

Alles gut! Oder etwa nicht?

»Alles gut« ist eine Redewendung, die sich in den letzten Jahren erstaunlich konsequent im Alltagsdeutsch eingebürgert hat; auch hier im Sammelsurium schrieb ich bereits darüber. Thorsten Krämer hat sich seine Gedanken zur Gegenwartsfloske Nr. 1 gemacht. Lesenswert für den Text, sehenswert für die Daumen-hoch-Illustration von Nadine Redlich.
» Alles sehr gut

Oishii

NHK, oder Nippon Hōsō Kyōkai in Langform, ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk Japans. Und wie es sich gehört, wird hier der Bildungsanspruch groß geschrieben. Dankenswerter Weise nicht nur für die heimische Bevölkerung, sondern auch für Interessierte aus aller Welt. Der Zufall trieb mich in die Arme der Doku-Reihe »Trails to Oishii Tokyo«. Oishii heißt lecker und damit ist auch schon geklärt, worum es in den kurzen Clips geht: Japanische Zutaten und Gerichte. Köstlich!
» Delicious in Japan

Ganz weit weg

»Welche Stadt ist eigentlich am weitesten entfernt von der Stadt in der ich lebe?« Diese Frage stellen sich Eltern, die gerade im Chaos versinken, Menschen, die ihre*n Partner*in nicht mehr sehen können und Leute mit viel Langeweile. Allen drei Gruppen sei hiermit geholfen. Die Website FurthestCity hilft. Von Deutschland aus ist das Ergebnis, ob Ost oder West, nach meinen Recherchen immer gleich.
» Auf zu den Kiwis

Lego-Druckerei

Die Herbstferien haben begonnen und damit stellt sich für Familien natürlich auch die Frage nach gemeinsamen Aktivitäten. Eunice Chiong hat deine sehr guten Vorschlag, der auch die Beschäftigung mit den Bergen von Legosteinen ermöglicht. Drucken mit Lego. Erinnert mich an die Linoldrucke meiner Kindheit in cool.
» Print is not dead

Gedanke der Woche

»Wir haben keine Zeit mehr,
aber wir müssen sie uns nehmen.«
Daniel Cohn-Bendit

Bild der Woche‌‌‌‌

Frage der Woche

Wovon lebt der Mensch?

1 Wochenrückblick in 1 GIF‌‌‌‌‌‌

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