Tobias Sammelsurium der Woche #11/2024
Diese Woche stieß ich auf die etwas anrüchige Geschichte von Chen Wing Yee, die ihre Flatulenzen in Einmachgläser abfüllt und dann verkauft. Die Nachfrage ist so groß, schreibt sie auf Ihrer Website, dass sie den Preis pro Glas von 30$ auf 300$ verzehnfachen konnte. Neben praktischen Fragen »Wie kommt man auf diese Idee?« und »Wie ist der Abfüllprozess technisch gestaltet?« stellen sich natürlich auch eher philosophische Fragen.
Dass wir als Zivilisation uns soweit entwickelt haben, dass wir die finanziellen und technischen Ressourcen haben Fürze in Gläsern um die Welt schicken zu können spricht für unsere Spezies. Dass wir (oder Teile von uns) es dann auch tun, spricht deutlich dagegen.
Mich hat die Geschichte an den Film »Monster AG« von Pixar erinnert. Hier erschrecken eigentlich freundliche Monster nachts Kinder, um ihre Schreie Flaschen abzufüllen. Mit diesen Schreien wird Monstropolis mit Energie versorgt.
Vielleicht kann Chen Wing Yee mit ihren Methan-Lieferungen die Energiekrise lindern. Auf der anderen Seite scheint der Preis im Vergleich zu allen anderen fossilen und nicht-fossilen Energieträgern geradezu prohibitiv hoch.
Eine Kollegin von Chen musste ein ähnliches Business übrigens wieder einstellen. Die medizinischen Auswirkung ihr blähoptimierten Ernährung waren doch nicht gut auszuhalten. Vielleicht sollten wir doch lieber auf Windenergie statt lauer Lüftchen setzen.
Dir ein geruchloses Wochenende
T.
Post der Woche
Fünf fürs Wochenende
Muslime beten im Kölner Dom
Es gibt Dinge, die sehr unwahrscheinlich erscheinen. Dazu gehört, dass Muslime von der katholischen Kirche eingeladen werden, den Kölner Dom als Moschee zu nutzen. Doch genau das ist passiert. Nicht 2024 sondern im Ramadan 1965. Zeitgeschichte von vor 59 Jahren.
» Kölsche Toleranz
Simon stirbt
Simon Boas lebt auf Jersey. Er ist 46 Jahre alt und krebskrank. Seine gesundheitliche Situation »hat sich nicht unbedingt zu seinem Vorteil entwickelt«. Also verabschiedet er sich in einem Text vom Leben. Sehr stoisch, sehr lebensfroh und sehr lesenswert.
» And I mean to keep dancing
Taxi Driver
Taxifahrer in London müssen ihre Stadt aus dem Effeff kennen. Dabei geht es nicht nur darum, dass Navis verboten sind, dass sie nicht nur jede Straße, sondern jede noch so kleine Besonderheit in einem Radius von sechs Meilen rund um Charing Cross auswendig kennen müssen. Das Training für die Prüfungen dauert Jahre und lässt viele der Kandidatinnen und Kandidaten 50.000 Meilen per Roller durch die Stadt absolvieren. In Berlin hingegen habe ich mal einen Taxifahrer erlebt, der zum Ausgangspunkt zurück fuhr, weil er sich so verfranzt hatte.
» Baby you can drive my car
Sie sagt. Er sagt.
Vor kurzem hatte ich das Glück, den Autor Ferdinand von Schirach bei einer Aufführung seines Bühnenmonologs »Regen« zu erleben. Schirach ist ein großer Humanist, schlauer Kerl und spitzbübischer Einsiedler. Sein Opa Baldur von Schirach war Nazigröße und gerade deswegen beschäftigt sich der Jurist, der zum Schriftsteller wurde, wohl mit den großen Fragen von Schuld, Gerechtigkeit und Moral mit viel Kenntnis der menschlichen Abgründe. Sein Bühnenstück »Sie sagt. Er sagt.« über zwei Perspektiven auf (k)eine Vergewaltigung wurde jetzt für das ZDF verfilmt. Steht noch auf meiner Guckliste, aber Schirach empfehle ich ungesehen.
» Ein Film – zwei Wahrheiten
Being Accidentally Wes Anderson
Wes Anderson gehört zu den Regisseuren, deren Werke schon an den Bildern erkennbar sind. Eine eigenwillige Mischung aus knalligen und pastelligen Farben, exakte Bildausschnitte und unerwartete Protagonisten zeichnen Filme wie der gerade Oscar-prämierte »Ich sehe was, was du nicht siehst«, »Asteroid City« und »Grand Budapest« aus. Dieses YouTube Video geht den Geheimnissen der Andersonschen Bildkomposition auf den Grund. Sehenswert für alle Fans der Filme und Fotofreaks.
» Augen auf!
Gedanke der Woche
»Strukturen werden belastbar, wenn man sie belastet.«
Jan Böhmermann
Bild der Woche
Frage der Woche
Sind Übergangsjacken noch zeitgemäß?
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