Tobias Sammelsurium der Woche #34/2022

Guten Morgen {{first_name}},

im Land der Dichter und Denker scheint sich in den Oberstübchen Denkfaulheit breit gemacht zu haben. Anstatt Inhalte zu diskutieren werden aktuell gerne markige Sprüche rausgehauen und das geht mir richtig auf den Keks.

Ja, es gibt Gewinne, aber was ist ein Übergewinn? Ich habe bis heute keine saubere Definition gelesen. Warum? Weil es keine geben kann. Man könnte über eine Steuerprogression für Kapitalgesellschaften diskutieren, aber das ist wohl zu anstrengend.

Ja, mehr Menschen nutzen den ÖPNV, wenn er günstiger wird, aber warum ist das eine Gratismentalität? Ist preiswerte Mobilität nicht auch ein wichtiger Aspekt sozialer Teilhabe und entscheidend im Kampf gegen die Klimakatastrophe?

Ja, Firmenfahrzeuge haben eine eigene steuerliche Behandlung, aber ist das ein Dienstwagenprivileg? Es heißt ja auch nicht Kindergeldprivileg, Hartz-4-Privileg oder Kapitalertragssteuerprivileg. Privileg klingt nach Vorteil für wenige, zu Lasten aller. Tatsächlich handelt es sich dabei um, mehrheitlich gewählten, politischen Willen. Wer daran etwas ändern will muss anders wählen.

Ja, es gibt den Framing-Effekt, aber ist Christian Lindners "linkes Framing" dann nicht auch nur "liberales Framing" und damit billige Effekthascherei?

Alfred Herrhausen merkte einst an: "Die meiste Zeit geht dadurch verloren, dass man nicht zu Ende denkt." Klingt komisch, ist aber so. Vielleicht wäre es gerade in turbulenten Zeiten gut, verbal abzurüsten, erst nachzudenken, dann zu diskutieren und danach umzusetzen. Quasi als gratis Überdenkprivileg, um es mal humanistisch zu framen.

Dir ein durchdachtes Wochenende!

T.

Gezwitscher der Woche

Fünf fürs Wochenende

Zuversicht

Die Welt ist schlecht, früher war alles besser und es wird immer schlimmer. Ja? Nein! Die Welt ist viel besser als wir glauben, argumentiert Judith Blage und kann das auch belegen. Hilft beim Putzen der mentalen Brille.

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Sex

Das Stundenhotel existiert in Deutschland mit einem Ruf, der der antizipierten Fleckigkeit der dortigen Matratzen nicht unähnlich ist. Ganz anders in Brasilien, wo Love Motels weit verbreitet sind. Dabei geht es nicht (nur) um Prostitution, sondern Paare gönnen sich Abwechslung oder unerkannt Zeit zu zweit. Man gehe ja auch ins Restaurant, obwohl der Kühlschrank voll ist sagt Felipe Martinez vom Motel-Verband um das Phänomen zu erklären. Der Spiegel hat sich die vor Ort umgesehen.

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Erschöpfung

"Die vergangenen Jahre waren hart. Der nächste Winter wird härter. Die Generation Burn-out erlebt demnächst ihren nächsten Tiefpunkt. Und dieses Mal sollten wir ihn nicht verstecken" schreibt Isabell Prophet. Ob wir die Generation "Burn-out" sind, darüber kann man sicherlich diskutieren. Achtung, Whataboutism: Wie ging es da erst unseren Vorfahren, die im zweiten Weltkrieg gelebt haben? Aber: Die Frage nach der psychischen Gesundheit, gerade am Arbeitsplatz, ist nicht nur für uns alle persönlich relevant sondern auch für die gesamte Gesellschaft.

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Fahrrad

Die Mobilitätswende kommt unweigerlich und wer immer noch glaubt, dass dem Auto immer und überall Vorrang einzuräumen ist, der wird in Utrecht  sehr unglücklich sein. Dort soll das Autofahren möglichst unattraktiv werden. Gleichzeitig wird so massiv in die Rad-Infrastruktur investiert, dass selbst Städte wie Münster dagegen blass aussehen.

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Sucht

Am 1. Februar 1970 feierten deutsche und sowjetische Unterhändler die Unterzeichnung des ersten Gasliefervertrags durch den eisernen Vorhang. Was damals als Durchbruch galt entpuppte sich allerspätestens 52 Jahre später als klassisches Anfixen eines Junkies. Schon in den 1980ern warnten die USA vor der Abhängigkeit, doch die Bundesregierung war, wie jeder Suchti, entspannt – man könne problemlos bis zu sechs Monate ohne die Lieferungen leben. Der Guardian hat die Geschichte unserer verhängnisvollen Suchtkarriere nachgezeichnet.

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Gedanke der Woche

"Wer glaubt, Humor bestehe darin, sich über andere lustig zu machen, hat Humor nicht verstanden. Um komisch zu sein, muß man sich vor allem selbst zur Disposition stellen." – Vicco von Bülow, aka Loriot

Bild der Woche

Frage der Woche

Ist es längst zu spät oder immer noch viel zu früh?

Buch der Woche

Manchmal muss es eben schnell gehen, aber das heißt ja nicht zwangsläufig schlecht. Fast Food kann aus dem Imbiss an der Ecke kommen oder aus der eigenen Küche. In "Schneller Teller" sind 200 Rezepte aus der höchst empfehlenswerten Kochzeitschrift Effilee versammelt, die Anspruch und Geschwindigkeit wunderbar leicht vereinen. Im Inhaltsverzeichnis sind sie daher direkt nach Zubereitungsdauer sortiert. Nur beim Genießen sollte man sich doch Zeit lassen – es lohnt sich.

ISBN: 3948285004 | Kauf’ lokal oder inhabergeführt! | Jetzt bei Stories Hamburg bestellen.

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