Tobias Sammelsurium der Woche #40/2023

»Was mach' mer Schönes?« schallte es mir fröhlich entgegen, als ich gestern mit meinen Jungs kurzfristig in ein Berliner Taxi sprang. Höchstens alle drei Jahre nehme ich den Service der eierschalfarbenen Mobilitätsdienstleister mal in Anspruch.

Gerade in der Hauptstadt habe ich hier schon die skurrilsten Erfahrungen gemacht, inklusive des Taxifahrers, der sich so verfranzt hatte, dass er zum Startort zurückfuhr, das Taxameter neu startete und einen zweiten Anlauf nahm.

So eine Taxifahrt ist ja wie eine Wundertüte. Manchmal bekommt man den Alleinunterhalter, der es, aus Gründen, nie auf die große Bühne geschafft hat. Oder es chauffiert der Lebensphilosoph, der erkannt hat, dass globalgalaktisch alles mit allem zusammenhängt, genauso wie die Straßen seiner Stadt.

Regelmäßig öffnet sich mit der Taxitür auch eine völlig neue Welt – Kalkutta oder Teheran ohne Flug, direkt am Hauptbahnhof. Das Zuhören lohnt sich meistens. Ein solcher Taxifahrer, den ich nur aus dem Netz kenne, ist Isaak aus Senegal. Er fährt seit den 1970ern Taxi in München und spricht ein astreines bayerisch. Eine Fahrt mit ihm müsste aufpreispflichtig sein.

Ein Schnäppchen sind sie nicht, die Taxifahrten. Aber allein für die Fahrer lohnen sie sich eigentlich immer. Die Frage »Was mach' mer Schönes?« kann man direkt in den eigenen Sprachgebrauch aufnehmen. Statt nach dem Wohin oder dem Warum zu fragen, geht man einfach mal davon aus, dass jetzt was Schönes passiert, selbst wenn es nur zehn Minuten gemeinsam durch die Stadt sind.

Dir ein sehr schönes Wochenende!
T.

Post der Woche

‌‌‌‌‌Fünf fürs Wochenende

Ich sehe was, was du nicht siehst

Der Regisseur Wes Anderson ist für seine grafische Bildsprache und seine besonderen Inszenierungen berühmt. Sein letzer Kinofilm dieses Jahr war Asteroid City. Für Netflix hat er jetzt vier Kurzgeschichten des Autors Roald Dahl verfilmt. Drei davon habe ich diese Woche gesehen. Die Geschichte eines reichen Mannes, großartig gespielt von David Cumberbatch, der durch eine besondere Fähigkeit beim Glücksspiel mogeln will, liefert äußerst vergnügliche 40 Minuten Filmfreude.
» Cinema Deluxe

Neuronengezwitscher

Den Nikon Small World Fotopreis, der besondere Aufnahmen unter dem Mikroskop auszeichnet, hat dieses Jahr wieder viele faszinierende Beiträge und einen absolut verdienten Sieger: Dr. Alexandre Dumoulin. Der Forscher von der Uni Zürich hat die Entwicklung von Neuronen in einem Küken-Embryo per 48-Stunden-Zeitraffer festgehalten.
» 🤯

Einsamkeit

Die vielleicht unsichtbarste Pandemie der Menschheit hat mit Viren wenig zu tun. Vielfältige gesellschaftliche Umbrüche führen dazu, dass immer mehr Menschen in Einsamkeit leben. Sozialer Kontakt beschränkt sich vielleicht auf das Gespräch an der Supermarktkasse. Die American Time Survey erhebt statistisch valide, wie Menschen ihren Tag verbringen und wie glücklich sie sind. Alvin Chang hat die Daten, die ähnlich wohl in vielen Ländern zu finden sind, in Form eines Tagesverlaufs visualisiert. Eindrücklich, bedrückend.
» Seid nett zueinander

Wissenschaft schafft Zukunft

Zwei Zuversichts-Schnappschüsse: Gestern haben wir meinen Bruder im Labor besucht. An der TU Berlin forscht er an einer Technik, mit deren Hilfe beim Betrieb von Klimaanlagen bis zu zwei Drittel des Energiebedarfs eingespart werden könnten. Ist alles ziemlich geheim, weil noch nicht veröffentlicht. Forschende am MIT haben jetzt eine Anlage entwickelt, mit der Wasser solarbetrieben so günstig entsalzt werden kann, dass es günstiger ist als Leitungswasser. Schaut in die Labore – sie kommen, die Lösungen für die großen Menschheitsfragen.
» Wasser aus dem Entsalzungskoffer

24 von 8 Milliarden

Es sind nur zwei Dutzend Menschen, die die Erde so weit verlassen haben, dass sie unseren kleinen blauen Ball vor dem schwarzen Hintergrund der unendlichen Weiten des Universums fotografieren konnten, schreibt Toby Ord auf seiner Website. Er hat die Fotos, die diese Menschen mitgebracht haben, digital überarbeitet und stellt sie auch zum Download zur Verfügung.
» Makes you small in a big way

Gedanke der Woche

»Eines Morgens riechst Du den Herbst. Es ist noch nicht kalt; es ist nicht windig; es hat sich eigentlich gar nichts geändert und doch alles.«
Kurt Tucholsky

Bild der Woche‌‌‌‌

Frage der Woche

Was wird heute in einem Jahr anders sein?

1 Wochenrückblick in 1 GIF‌‌‌‌‌‌

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